1. Was macht eigentlich eine Dramatiker*in, Lorenz Langenegger?


Meine wichtigste Aufgabe als Dramatiker ist es, den Text für eine Theateraufführung zu schreiben, die Dialoge, Monologe, alles, was die Schauspieler*innen sagen. Manchmal schreibe ich auch eine Regieanweisung in den Text. Das kann zum Beispiel so aussehen:

Es gibt Regeln. Das ist gut. Gelegentlich werden die Regeln verschärft. Das ist nötig.

Die Proben besuche ich nur selten. Einmal am Anfang, um Fragen zu beantworten, einmal in der Mitte, weil ich neugierig bin, was mit dem Text passiert, und einmal am Ende, damit ich ungefähr weiss, was an der Premiere auf mich zukommt, und damit ich noch etwas sagen könnte, wenn ich finde, dass etwas ganz anders ist, als es sein sollte.

2. Wie beginnst Du die Arbeit an einem Theatertext? Kannst Du ein Beispiel nennen?


Ein Theatertext beginnt immer mit einer ersten Idee. Diese Idee kann aber ganz verschieden Formen haben. Manchmal ist es eine Situation, die mich interessiert, manchmal eine Figur, manchmal auch nur ein Satz. Wenn die erste Idee stark genug ist, hängen sich bei der Arbeit immer mehr Ideen an sie, bis daraus ein wildes Knäuel von Figuren, Situationen und Sätzen ensteht. Einmal hatte ich die Idee, dass ein reicher Mann eine riesige Kirche bauen will. Bei einem anderen Stück interessierte mich, was passiert, wenn sich ein Kind und sein Vater immer verpassen.

3. Was macht für Dich den Unterschied aus, einen Prosatext oder ein Theaterstück zu schreiben?


Der auffälligste Unterschied ist sicher, dass in einem Theaterstück fast alles, was darin vorkommt, gesagt wird. Im Prosatext habe ich die Möglichkeit, auch das in Worte zu verpacken, was die Figuren sehen, hören oder denken. Bis jetzt war mir, wenn ich eine Idee hatte, immer klar, ob es eine Idee für die Bühne oder für ein Buch ist. Keine Ahnung, wieso. Eigentlich kann man jede Geschichte so oder so erzählen. Ein weiterer wichtiger Unterschied ist, dass ein Prosatext viel fertiger sein muss, wenn ich ihn abgebe. In einem Theaterstück kann ich es mir erlauben, ungelöste Probleme und offene Fragen stehen zu lassen, weil noch ganz viele andere Leute mit dem Text arbeiten, bevor er sein Publikum erreicht.

4. Freust Du Dich Dein Stück auf der Bühne zu erleben? Ist es dann so wie Du es Dir vorgestellt hast?


Ich freue und fürchte mich gleichzeitig. Es fällt mir schwer, meine eigenen Stücke zu beurteilen. Deshalb weiss ich nie, ob etwas gut ist und wie es beim Publikum ankommen könnte. Ich bin so beschäftigt damit, den Schauspieler*innen dabei zuzuschauen, was sie mit den Sätzen machen, die ich so gut kenne, dass ich keine Zeit habe, auf das Ganze zu schauen. Und dann ist immer auch noch alles ganz anders, als ich es mir vorgestellt habe! Wobei ich mir eigentlich gar keine Vorstellungen mache.