1. Was macht eigentlich eine Dramatiker*in, Andri Beyeler?


Eine Dramatiker*in schreibt Dramen. Ein Drama ist eine bestimmte Form für einen auf einer Bühne abzusondernden Text und folgt entsprechend bestimmten Regeln (Konflikt, Entwicklung, etc.). Darum ist auch nicht jeder auf einer Bühne abgesonderte Text ein Drama, und eigentlich interessieren mich Theatertexte, die keine Dramen sind, mehr.

2. Wie beginnst Du die Arbeit an einem Theatertext? Kannst Du ein Beispiel nennen?


Es gibt verschiedene Anfänge, würde ich sagen. Die Idee, das Nachdenken darüber, der Austausch mit anderen, das Zu-Papier-bringen. Was die Idee angeht, war es etwa bei meinem Stück «the killer in me…» so, dass ich in einer Vorlesung in Pädagogischer Psychologie von der theory of mind hörte, die nötig sei, um sich in andere Menschen einzufühlen. Da dachte ich, das wäre ein interessanter Mechanismus für die Bühne. Figuren, die über keine solche verfügen. Die nur ihren eigenen Blick haben. Bei «Die Kuh Rosmarie» wiederum war es so, dass der Wunsch einer Theatergruppe bestand, ein bestimmtes Bilderbuch auf die Bühne zu bringen. Also tauschte ich mich als erstes mit dem Regisseur über dieses Bilderbuch aus. Was das Zu-Papier-bringen angeht, und ich schreibe bestimmte Sachen nach wie vor auf Papier, so starte ich heute meist mit einer kleinen écriture automatique: Ich entscheide mich für einen ersten Satz und versuche dann über ein bestimmtes Intervall – meist drei bis fünf Minuten – ohne Unterbrechung (durch Nachdenken etwa) zu schreiben. Das Entstandene ist dann Arbeitsmaterial, das ich übernehme, zusammenstreiche, umschreibe, ergänze, weiterdenke. Früher war es eher so, dass ich mit dem ersten Wort startete und dann Wort für Wort schrieb. Und ich meine Wort für Wort.

3. Was macht für Dich den Unterschied aus, einen Prosatext oder ein Theaterstück zu schreiben?


Vermutlich, dass ich bei einem Theaterstück vor Augen habe, dass der Text an einen Körper – der*die Schauspieler*in – gebunden ist, derweil dies bei einem Prosatext nicht der Fall ist (Das meint insbesondere auch, dass man sich bei einem Theatertext weniger damit aufhalten muss, ein*e Sprecher*in und ihre Situation auszuformulieren). Auch denke ich beim Schreiben eines Prosatextes weniger daran, dass der auch müsste vorgetragen werden können. Sondern schreibe dann eher nochmals ums, wenn etwas Geschriebenes für eine Lesung nicht wirklich funktioniert.

4. Freust Du Dich Dein Stück auf der Bühne zu erleben? Ist es dann so wie Du es Dir vorgestellt hast?


Ja, in der Regel freue ich mich. Im Vorfeld stelle ich mir weniger was vor, ich höre den Text mehr. Und natürlich gibt es im Text dann Stellen, die vor allem auf eine gewisse Art funktionieren (Rhythmus, Betonung). Was regieführende Personen nicht immer gleich empfinden wie ich. Grundsätzlich finde ich es toll, wenn ich durch die Inszenierung etwas Neues über das Stück erfahre.